Oftmals wird ja argumentiert dass bei der maskulinen Form die weibliche miteinbezogen ist, umgekehrt aber regt es auf. Also kann es nicht ganz unbedeutend sein.
Ich finde es einen spannend Denkansatz und die Reaktion zeigt dass darüber durchaus gesprochen werden muss.
Das ist irgendwie der Punkt, der wahnsinnig oft ignoriert wird. Ihr könnt ja mal Umfragen bei euren Freunden machen, wo ihr das generische Maskulinum verwendet und mitzählen, wie viele Frauen als Antwort genannt werden. “Wer ist dein Lieblingsschauspieler?” zB.
Das funktioniert zur Zeit im Deutschen halt nicht wirklich - gerade bei Berufen die extrem über ihr Geschlecht differenziert werden wie Fußballern oder Schauspieler. Andersrum: Wenn du deinen Freunden die Frage “Nenne mir drei Kanzler” stellst, kommt 100% bei allen auch Merkel mit raus.
Das war nur ein Beispiel. Das lässt sich auch auf Arzt, Pilot, Wissenschaftler, Programmierer und Vorstandsvorsitzender ausdehnen. Du hast sofort das Bild eines Mannes im Kopf, nie das einer Frau. Das ist ein Problem. Auch bei Kanzler wird es einige geben, die davon ausgehen, dass du nur männliche hören wolltest.
Aber sind das nicht auch alles (außer Arzt) Berufe, bei denen die Mehrheit männlich ist? Ich denke bei solchen Fragen halt immer an die Personen die ich kenne - wenn z.B. 90% meiner Programmiererkollegen männlich sind denke ich da halt nicht an die paar Frauen, die wir haben.
Dass vereinzelt auch bei Kanzler nur von Männern ausgegangen ist kann ich mir vorstellen, aber ich persönlich habe das schon öfters probiert und noch Niemanden gefunden.
Das ist ja genau das Henne-Ei-Problem: Die Bezeichnung ist männlich, die meisten, die in diesen Feldern arbeiten, sind männlich. Das macht es umso schwerer für Frauen eine Karriere in diesen Bereichen zu ergreifen. Das sind ja zumeist hohe Positionen, wo es schon eine gehörige Position Selbstbewusstsein braucht, sich in diesen zu sehen. Als Frau ist die Schwelle nochmal ungleich höher, weil es so wenige Frauen vor dir geschafft haben. Es ist auch so ein Überbleibsel unseres Patriarchats, dass alle Berufe, die prestigeträchtig sind, hauptsächlich von Männern ausgeübt werden. Koch in Sternerestaurants sind Männer, obwohl Kochen Zuhause Frauensache ist, Programmieren war Frauenarbeit bis es auf einmal gesellschaftlich als wichtig angesehen wurde.
An sich sehe ich das genauso, aber ich bin mir nicht sicher ob wirklich die Sprache hier die Realität formt oder umgekehrt. In vielen Diskussionen kommt es so rüber als ob Gendern das Allheilmittel ist, welches dann alle Gleichberechtigungsprobleme beseitigt. Solche großen Änderungen in der Sprache (Gendern mit *_: oder wie auch immer) durchzudrücken erfordert eine Menge gesellschaftliches Kapital (siehe auch neue Rechtschreibung) und ich bin mir nicht sicher ob dieses an anderer Stelle sinnvoller verwendet werden könnte. Oder wenigstens etwas mit weniger Kosten (Ersatz der männlichen und weiblichen Form durch ein Generischen Term) gepusht werden könnte.