Wo ist für normale Leute der konkrete Schaden wenn die Börse kracht? Trifft das nicht nur Leute, die nicht wissen, wohin mit ihrem Geld?

Die Firmen an der Börse haben doch eh schon alle durch den Erstverkauf ihr Kapital bekommen, d.h. jetzt trifft es nur mehr die, die auf steigende Kurse gesetzt haben, und das sind meistens ohnehin die Wohlhabenderen. Eine Firma wird ja vielleicht auf dem Papier dadurch ärmer, aber das Kapital für den laufenden Betrieb muss sie ohnehin wo anders hernehmen und nicht durch Aktionverkäufe. Oder übersehe ich da etwas?

Einige Pensionssysteme haben in schwindlige Produkte investiert - aber da sollte man ohnehin mal drüber diskutieren.

  • undernajo@lemm.ee
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    2 months ago

    Die eingebrochenen Aktienkurse sind eher ein Symptom und nicht das eigentliche Problem. Der Börsenkrach selbst wird wahrscheinlich nur eine ziemlich begrenzte Auswirkung auf jemanden haben, der nicht am Aktienmarkt beteiligt ist. Es gibt kleine Effekte, wie zum Beispiel, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, neue Mittel durch den Verkauf neuer Aktien zu beschaffen, was bedeutet, dass das Unternehmen weniger wahrscheinlich wächst, Produkte herstellt oder jemanden einstellt.

    Der Grund für den Börsenkrach wird allerdings fast sicher auch Auswirkungen auf den nichtinvestierten Normalo haben.

    Der Grund für den aktuellen Rückgang der Aktienkurse ist ein Handelskrieg. Dieser schwächt die Wirtschaft. Unternehmen wachsen weniger stark, müssen evtl. Personal entlassen oder sogar schließen. Preise für bestimmte Güter werden teurer.

    Aktienkurse spiegeln die Erwartungen an das zukünftige Wirtschaftswachstum wider und diese haben sich in den letzten Monaten deutlich verschlechtert.

    • Wrdlbrmpfd@feddit.orgOP
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      1 month ago

      Der aktuelle Handelskrieg basiert doch auf Zöllen. Wenn gewisse Produkte wieder lokal hergestellt werden könnte uns das eigentlich egal sein, und es wäre auch besser für die Umwelt. Das Problem das dem zugrunde liegt ist doch, dass wir einen Großteil der Produktion an Länder wie China ausgelagert haben. Das macht uns abhängig. Wenn die steigende Preise wieder für bessere Arbeits- und Umweltbedingungen zugute kommen, kann das langfirstig kein Nachteil sein. Außer für diejenigen, die als einziges Ziel haben, dass möglichst viel Gewinn überall rausgequetscht wird.

      • undernajo@lemm.ee
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        1 month ago

        Stell dir ein Dorf vor, in dem die Personen miteinander Handel treiben. Es gibt einen Bäcker, einen Tischler, einen Schuster, einen Müller, einen Bauer usw. Jede Person hat sich auf eine Produktart spezialisiert und es wird damit Handel getrieben. Durch diese Arbeitsteilung werden die Produkte besser und können günstiger hergestellt werden. Der Wohlstand aller steigt. Dass wird auch dann ersichtlich, wenn man sich mal vorstellt, wie es wäre, wenn man keinen Handel mit anderen Personen treiben dürfte. Wärst du im Stande selbst deine Kleidung herzustellen? Deine Möbel? Deine Haushaltsgeräte? Ein Auto? Ein Handy?

        Ich glaube der Vorteil von Handel ist offensichtlich. Das gilt auf kleiner Ebene zwischen Personen, aber auch auf Ländereben. Dort ist das Ganze zwar etwas abstrakter, aber auch Länder haben sich spezialisiert. Deutschland ist z.B gut darin Autos herzustellen, Italien produziert guten Wein und die USA sind bei den Internetsachen unschlagbar. Durch Zölle wird diese internationale Arbeitsteilung eingeschränkt und dadurch geht Wohlstand verloren.

        In puncto Umweltschutz wäre es deutlich effizienter, wenn man direkt die entsprechende Externalität besteuert (z.B. CO2) und nicht willkürlich den internationalen Handel.

        Der Blick auf Abhängigkeiten ist natürlich legitim, allerdings sollte man da im Detail schauen, bei welchen konkreten Produkten man nicht zu stark von bestimmten internationalen Handelspartnern abhängig sein will und dann geeignete Maßnahmen treffen. Solche Pauschalzölle, wie sie die USA gerade erheben nutzen niemanden was.

        • Wrdlbrmpfd@feddit.orgOP
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          1 month ago

          Das sehe ich nicht unbedingt so, denn diesem Beispiel folgend würde es im Dorf den Tischler und Schuster gar nicht mehr geben, weil das alles nur mehr von weit entlegenen Gegenden importiert wird. Und das passiert auch gar nicht wegen der Spezialisierung, sondern weil die Unternehmen u.a. gerade wegen den Aktionären nicht genug Gewinn rausquetschen können. Man braucht sich doch nur die Pharma-Branche anschauen. In dem Sektor war immer genug Geld zu verdienen, und da wurde zunächst auch alles in Europa hergestellt. Bis man dann in den vorangegangenen 30 Jahren angefangen hat alles nach Indien und China auszulagern, weil dann der Gewinn noch größer ist. Während der Corona-Pandemie hatten wir dann plötzlich Engpässe bei bestimmten Medikamenten. Mag sein, dass Pauschalzölle ein Unsinn sind, aber gar nichts zu machen und mit der ganzen Welt freien Handel zu betreiben, ist es ebenso.

          • undernajo@lemm.ee
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            1 month ago

            Das sehe ich nicht unbedingt so, denn diesem Beispiel folgend würde es im Dorf den Tischler und Schuster gar nicht mehr geben, weil das alles nur mehr von weit entlegenen Gegenden importiert wird.

            Nein. Die Personen in diesem Dorf entsprechen im Grunde Ländern. Der Tischler “importiert” die Schuhe vom Schuster, weil das effizienter ist, als sie selbst herzustellen. Genauso importiert Deutschland Schuhe aus Asien. Dadurch hatten Schuster in Deutschland in der Vergangenheit zwar weniger Arbeit, sie konnten dafür aber z.B. in die Autoindustrie wechseln, bei der Deutschland viel exportiert hat. Zugleich profitieren sie als Konsumenten durch die Importe von niedrigeren Preisen.

            Siehe auch Komparativer Kostenvorteil.

            Und das passiert auch gar nicht wegen der Spezialisierung, sondern weil die Unternehmen u.a. gerade wegen den Aktionären nicht genug Gewinn rausquetschen können.

            Das hängt von der jeweiligen Marktsituation ab. Bei normalem Wettbewerb, führen die niedrigeren Kosten zu niedrigeren Preisen für die Konsumenten.

            Wenn man dann, wie gesagt, z.B. im Arzneimittelbereich nicht zu stark von einzelnen Handelspartnern abhängig sein will, kann man natürlich entsprechende Maßnahmen setzen. Das ändert aber nichts daran, dass der aktuelle Handelskrieg auch für den Durchschnittsbürger schlecht ist.

            • Wrdlbrmpfd@feddit.orgOP
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              1 month ago

              Du argumentierst hier ausschließlich mit “effizient” und “niedrige Preise”. Es gibt aber noch viele weitere Aspekte, die für eine Gesellschaft wichtig sind, und die hier nicht berücksichtigt werden.

              Denn im Extremfall machen Kinder die Arbeit effizient und günstig. Wenigstens nicht bei uns, sondern irgendwo, wo wir dann nicht so genau hinschauen. Aber mir wäre es das wert, den entsprechenden Preis zu zahlen, damit Regeln (auf unserem Niveau) eingehalten werden und die Qualität passt. Ist ja nicht so, dass die Schuhe besser geworden sind, seitdem sie meistens aus Asien kommen.

              Zusätzlich kommt dazu, dass bei den Transportwegen keine Kostenwahrheit herrscht. Hier wird ein ganz wesentlicher Teil, unter anderem auch die Folgen, auf die Allgemeinheit abgewälzt. Ob sie kauft, oder nicht.

              • undernajo@lemm.ee
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                1 month ago

                Ich sage es jetzt zum dritten mal: Wenn man bestimmte negative Externalitäten reduzieren will, dann sollte man konkret diese Dinge angehen und nicht pauschal den internationalen Handel einschränken.

                Wenn man zum Beispiel die CO2-Emissionen reduzieren will, dann gibt es effizientere Wege dieses Ziel zu erreichen und weniger effizientere Wege. Und pauschal den Welthandel einzuschränken gehört zu den weniger effizienteren Methoden.

                • Wrdlbrmpfd@feddit.orgOP
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                  1 month ago

                  …will man ja offenbar nicht, weil der Preis bzw. der Gewinn wichtiger ist

                  Außerdem kann man es durchaus auch als Handelskrieg sehen, wenn andere Länder unsere Standards dermaßen untergraben.

  • copacetic@discuss.tchncs.de
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    2 months ago

    Prinzipiell hast du Recht. Das ist faktisch erstmal so, wie wenn für einen Hausbesitzer der Wert seines Hauses fällt.

    Indirekt hat es halt Auswirkungen. Der reiche Aktionär wird verlangen, dass die Geschäftsführung Rendite liefert, die machen verzweifelte Sparmaßnahmen und entlassen Leute.

    • smokeysnilas@feddit.org
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      2 months ago

      Ja so sehe ich das auch, Aktienkurse schlagen auf den Arbeitsmarkt durch: Jobabbau, Einstellungs- und Investitionsstopp, Arbeitsverdichtung, Nullrunden usw. Vor allem für junge Leute die erst Fuß fassen müssen kann das schon einigermaßen dramatisch sein.